SEBASTIAN CASTELLIO
Bibliographien und Publikationen

Der Nachruf Paul Cherlers in seiner Sammlung Ecclesiae et Academiae Basiliensis lvctus ... Epitaphia, sev elegiae fvnebres (Basel: Johannes Oporin 1565) ist die erste Biographie Castellios (Ex. ZB Bern: H IV 172:2)

Die Originaltexte sind Rara, die digitalisiert vorliegen.
Die internationale Forschung zu Castellio und seinen Anhängern und Kollegen in Basel, Frankreich, den Niederlanden und anderswo ist lebendig, aber unübersichtlich. Mit unseren Bibliographien sollen der Einstieg und die Orientierung erleichtert werden.

Der Anthologie De haereticis an sint persequendi und ihrer internationalen Resonanz ist zu verdanken, dass Sebastian Castellios Name als „Apostel der Toleranz“ im Gedächtnis der Nachwelt erhalten blieb.

Castellio begann mit Dichtungen in lateinischer und griechischer Sprache. Als Kenner der antiken Sprachen und Kulturen interessierte er sich für die Überlieferungsgeschichte des biblischen Textcorpus. Die bibelphilologischen Arbeiten des Erasmus von Rotterdam, sein Novum Instrumentum und die Paraphrasen der Texte aus dem Neuen Testament, regten Castellio zu seiner Biblia latina (erschienen 1551) an. Martin Luthers Übersetzungsarbeit spornte ihn zu seiner französischen Bibelübersetzung (La Bible nouvellement translatée, 1555) an. Castellio war ein aufmerksamer Beobachter der philosophischen Debatten seiner Zeit zu den Themen „Willensfreiheit“, „Gerechtigkeit“ und „Verhältnis der Glaubensgemeinschaften zum Staat“ (Arbeitsteilung zwischen weltlicher und geistlicher Obrigkeit).

Seine frühen religiösen Dichtungen, die in Basel und auch in Antwerpen gedruckt wurden, und die späten philosophischen Dialoge und Abhandlungen, die erstmals pseudonym von Fausto Sozzini und mit falschem Druckort 1578 publiziert wurden, sind vergleichsweise wenig erforscht. Es fehlen moderne Leseausgaben und Übersetzungen. Die Dialogi quatuor aus dem Nachlass bedürfen einer kritischen Edition mit Kommentar. Ein derartiges Projekt hat Barbara Mahlmann-Bauer 2009 skizziert.

Castellio war ausserdem mit Dissidenten und Glaubensflüchtlingen vernetzt und hatte Verbindungen nach Frankreich, in die Niederlande, nach Polen, Siebenbürgen und zu den Reichsterritorien. Dieses Netzwerk scheint in der Korrespondenz auf, die Ferdinand Buisson im zweiten Teil seiner Monographie ediert hat (Buisson 1892, Bd. 2, S. 381-500). Weitere Forschungen zu diesem weitgespannten Netzwerk sind nötig; internationale Zusammenarbeit ist hochwillkommen. Die Castellio-Tagung im September 2015 auf dem Monte Verità soll dazu anregen.

Zum Einstieg empfehlen wir die Quellen-Bibliographien Ferdinand Buissons, Hans R. Guggisbergs und die Literaturverweise Werner Stingls und Wolfgang Stammlers:

Ferdinand Buisson: Sébastien Castellion, sa vie et son oeuvre (1515-1563), Bd. 2. Paris 1892, S. 341-380.
Hans R. Guggisberg: Sebastian Castellio. Humanist und Verteidiger der religiösen Toleranz. Göttingen 1997, S. 329-345.
Das Manifest der Toleranz. Sebastian Castellio Über Ketzer und ob man sie verfolgen soll. De haereticis an sint persequendi, hg. von Werner Stingl und Wolfgang F. Stammler. Essen 2013, S. 413-430.

Die folgende ausführliche Bibliographie spiegelt den aktuellen Forschungsstand und wird sukzessive weiter geführt.